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Wir feiern heute Allerheiligen…

Was das heißen kann, dürfen wir uns von Markus Beranek (unser ehemaliger Pfarrer und jetzt Pastoralamtsleiter) erklären lassen:

Allerheiligen – 1.11.2023

Jeden Sonntag bekennen wir im Apostolischen Glaubensbekenntnis „die heilige Kirche, Gemeinschaft der Heiligen“ oder wenn wir hin und wieder das Große Glaubensbekenntnis sprechen dann nennen wir die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“.
Heilig zu sein ist eine Eigenschaft der Kirche Jesus Christi, die Kirche als Gemeinschaft der Getauften ist auch die Gemeinschaft der Heiligen. Diese Aussage klingt heute doch sehr gewagt, weil in den letzten Jahren so viele Dinge ins Bewusstsein getreten sind, die genau das Gegenteil von Heiligkeit darstellen, allen voran alle Erfahrungen von sexuellem Missbrauch im Kontext von Kirche.
Trotzdem wurde das Glaubensbekenntnis noch nicht geändert und ich gehe auch nicht davon aus, dass das das der Fall sein wird. Das Heiligsein der Kirche, dass die Kirche die Gemeinschaft der Heiligen ist, das ist nicht das Ergebnis ihrer Leistung und ihres besonders verdienstvollen Handelns. Die Kirchengeschichte ist auch eine Geschichte von Schuld und vielfältigen Verfehlungen. Das ist wichtig einzugestehen und zugleich greift das doch zu kurz, die Geschichte der Kirche nur als Kriminalgeschichte zu lesen. Von Anfang an erzählt uns die Bibel ja sehr realistisch über Menschen, auch sehr realistisch über die Menschen im Umfeld Jesu. Wenn wir in unserem umgangssprachlichen Gebrauch von „heilig“ bleiben, dann waren die meisten von ihnen alles andere als heilig. Petrus versteckt seine Begeisterung für Jesus als es nach der Verhaftung brenzlig wird, Paulus verfolgt leidenschaftlich und aus tiefster Überzeugung die junge Christengemeinde etc.. Unübersehbar gehört die Erfahrung des Scheiterns und der Schuld zur genetischen Prägung der Kirche von Anfang an. Der entscheidende Blick ist es nun, die andere Realität nicht zu übersehen: nämlich, dass solch begrenzte und fehlerhafte Menschen in den Blick Gottes geraten sind, Gottes Zuwendung erfahren haben, von Gottes wunderbarem Licht angestrahlt wurden – ein Bild, das die Apostelgeschichte auch bei der Bekehrung des Paulus gebraucht – und dass diese Zuwendung Gottes ihrem Leben eine neue Ausrichtung gegeben hat. Sie sind aus ihrem engen Denken befreit worden, sie haben aufgehört, auf ihre eigenen Fehler fixiert zu bleiben, sie haben die berührende Erfahrung gemacht, dass der große Gott sich ihnen zuwendet und sie trotzdem mag, ja noch mehr, dass er sie braucht, dass er mit ihnen, in ihrer Begrenztheit mit ihrem Scheitern lebendige Kirche bauen will.
Die Heiligkeit der Kirche beginnt in den Begrenzungen und Verletzungen von konkreten Menschen zu leuchten, die sich der Liebe, der Zuwendung, dem Licht Gottes öffnen und beginnen, über sich hinaus zu wachsen. Petrus und Paulus waren auch mit ihrer Bekehrung keine perfekten Menschen, aber der Bezugspunkt waren nicht mehr ihre Fehler, sondern der Bezugspunkt ihres Lebens war der lebendige Christus, der am Kreuz tödlich verwundet wurde und der für sie und für uns durch den Tod zum Leben gegangen ist.
Heilig sein heißt, mich in den Wunden, Verletzungen, Begrenzungen, ja auch im Scheitern meines Lebens von Gott berühren zu lassen. Vielleicht hat sich Jesus ja deshalb oft mit den Sündern leichtern getan, weil diese umso mehr gewusst haben, dass sie den entscheidenden Schritt nicht durch ihre herausragenden Leistungen schaffen, sondern weil ihre Sehnsucht nach Leben und Liebe in Gott als ihrem Gegenüber eine feste Verankerung gefunden hat (deshalb heute als Illustration Caravaggios Berufung des Matthäus – das Licht/ der Lichteinfall spielt bei Caravaggio oft eine zentrale Rolle).
Wir feiern heute das Fest Allerheiligen. Wir schauen auf die Menschen, die durch alle Herausforderungen ihres Lebens hindurch immer mehr in ein Vertrauen auf Gott hineingewachsen sind. So will uns das heutige Fest ermutigen und inspirieren, dass auch wir wachsen können, dass auch wir den Anker unserer Sehnsucht auf Gott hin auswerfen dürfen, weil sein Licht uns schon längst anstrahlt und uns hereinholt in die Gemeinschaft der Kirche, die durch die Großzügigkeit Gottes über alle Grenzen der Institution hinweg die Gemeinschaft der Heiligen ist und immer mehr wird.

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